Der bekannte Historiker Ingo Espenschied statte dem Amplonius-Gymnasium einen Besuch ab. Alexander Florie-Albrecht berichtet darüber in der rp:

RHEINBERG | Zwei Beamer und eine große Leinwand waren im Forum des Amplonius-Gymnasiums der Hinweis darauf, dass die kommende Schulstunde anders verlaufen würde als sonst. Gut 180 Oberstufenschüler waren zusammengekommen, um sich die besondere Art der Geschichtsstunde nicht entgehen zu lassen.

Dass Ingo Espenschied, aufgehängt an dem Thema „Europa und der Erste Weltkrieg – die Friedensbotschaft von Fiquelmont“, die Historie Europas vom 19. Jahrhundert bis heute reflektieren würde, konnten sie zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnen.

Der Wissenschaftler und Journalist, der nach eigenen Angaben in den vergangenen zehn Jahren schon rund 1000 Vorträge ähnlicher Art gehalten hat, erzählte anschließend in einer sehr abwechslungs-reichen Stunde die Geschichte von sechs deutschen Soldaten des Zweiten deutschen Husarenregimentes. Dabei arbeitete er mit Fotos, Videoeinspielern, Karten und originalen Tondokumenten, die auf der Leinwand die Geschichte lebendig werden ließen.

Die Soldaten hatten – untergebracht auf einem Hof im französischen Fiquelmont – 1916 ihre Vision für Frieden in Europa in Zeiten des Krieges auf Papier gebracht und in eine Flasche gesteckt. Der Bauer Fernard Boulanger hat diese Flasche dann 1981 gefunden und sie einem befreundeten Wissenschaftler überlassen, erzählte Espenschied.

Faszinierenderweise fanden die Worte der Männer 102 Jahre später Einklang in die Rede des ehemaligen französischen Präsidenten Francois Hollande anlässlich des Gedenkens an den Ersten Weltkrieg. „Utopie und mögliches Eden ist ein gemeinsames Europa, Freundschaft zwischen den Völkern und Verwirklichung de Wortes, dass wir Brüder sind!“ – und das aus einer Zeit, als die Nationalismen so etwas unmöglich machten. Espenschied schlug einen weiten Bogen von der Erniedrigung Frankreichs und der deutschen Reichsgründung 1871, der Entstehung des Ersten Weltkrieges als Konsequenz aus den kriegerischen Nationalismen, die, fast unausweichlich in ihren Allianzen verwoben, zur Katastrophe des „großen Krieges“ führten.

Sehr plastisch machte er dabei den „Verlust einer ganzen Generation“ durch Hunderttausende von Toten in den monatelangen Stellungskriegen „für nichts“ deutlich und die Bemühungen um Frieden in den 1920er Jahren mit der Gründung der ersten „Europa Union“. Es folgten die Weltwirtschaftskrise, der Aufstieg Hitlers und der endgültige Zusammenbruch Europas 1945. „Da hatten die USA und Russland Europa überholt, das 30 Jahre zuvor noch führend auf der Welt war.“

Umso bedeutender sei die Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich, die Gründung des Europäischen Wirtschaftsraums für Kohle und Stahl 1953 gewesen bis hin zu der heutigen Debatten-Kultur der 28 Nationen in Brüssel und Straßburg. „Wir haben die Schützengräben durch Konferenztische eingetauscht. Europa ist ein Friedensprojekt“, unterstrich er den Wandel weg vom Nationalismus.

Den besonderen Wert Europas, den könne man von den Soldaten 1916 lernen. Er warb entschieden bei denen, die es bereits dürfen, für die Teilnahme an der Wahl zum Europaparlament. „Europa ist unsere Zukunft. In einer globalen Welt sind wir Deutschen 85 Millionen, aber nur ein Prozent der Weltbevölkerung. Wir haben aber nur eine Chance, wenn wir als Europäer zusammenhalten.“ Da könne man sich „nicht neutral“ verhalten.

Bei den Schülern und Lehrern kam der Vortrag super an. „Ich fand das sehr anschaulich und gut, dass zu visualisieren“, meinte der 18-jährige Jonas Brockschmidt. „Die deutsch-französische Freundschaft ist wichtig für Europa.“ Und Mathematiklehrerin Julia König fand es „für die Schüler passend, dass es um Europa ging – und dass es sie betrifft.“

Quelle: http://rp-epaper.s4p-iapps.com/artikel/856192/11149033
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